Aktualisiert am 10.04.2005

Telefunken Dacapo 1952W

Baujahr 1952/53.

dacapo 1952W


26.02.2005 Erwerb

Das Radio habe ich bei ebay gefunden. Derzeit gucke ich nach Geräten, die erstmalig UKW haben, also etwa ab 1952. Zweites Suchkriterium ist der Abstand zum Verkäufer: ich finde es sehr riskant, ein so schweres Gerät per Post zu versenden, zumal das Versandrisiko auf meiner Seite wäre. Hier musste ich eine halbe Stunde fahren und konnte das Teil vorher sehen und auf Vollständigkeit prüfen. Alles ok, sogar ein Preisschild hängt noch an der Rückwand: 298,-DM mussten 1952 dafür bezahlt werden.

Dacapo innenDas Radio ist ein Sammlerstück, das hatte der Verkäufer auch erwähnt. Innen ist es sehr sauber, der Lack ist etwas rissig, der Lautsprecherstoff nur über dem magischen Auge verschmutzt.

Laut Rückwand hat das Radio eine Armstrong-Lizenz. Damit kann ich erstmal nichts anfangen, da ich aber im Sommer oft mit dem Rennrad unterwegs bin, könnte ich mir eine nicht-technische Bedeutung gut vorstellen, in etwa "Am Ende musst Du stark sein". Den radiotechnischen Sinn kriege ich auch noch raus, vielleicht schreibe ich was dazu.

08.03.2005 Restauration
Der Primärstromkreises ist unterbrochen, da der Sicherungshalter erstens mechanisch die Sicherung nicht mehr festklemmt und zweitens völlig oxidiert ist. Einfache Tätigkeit: Reinigung mit Rundfeile, Schmirgelpapier und Kontaktspray. Mit Draht wird die Sicherung dann in der Halterung fixiert.
Der erste elektrische Anschluss erfolgt dann über die obligatorische, in Reihe geschaltete Glühlampe: im Radio steckt noch Leben. Es sind MittelwellensenDacapo Schalterder zu empfangen.  DasUmschalten über den seitlich angebrachten Wellenschalter endet dann im lauten Brummen, auch wenn man zurück auf MW geht. Gott sei Dank sind die Schalter leicht zugänglich, jeder einzelne wird mit Pinzette, Tuch und Kontaktspray poliert.

Das wirkt, beim nächsten Einschalten sind auf allen Wellen Sender zu hören. Der Klang ist jedoch grausig, alles ist sehr verzerrt. Positiv ist, dass auch ohne vorgeschaltete Glühbirne nicht Böses passiert. Der Spannungswähler ermöglicht u.a. eine Auswahl zwischen 220V und 240V. Da unsere Netzspannung heutzutage 230V beträgt, stelle ich 240V Betriebsspannung ein und liege so auf der sicheren Seite.
Die Ursache für den fehlerhaften Klang kann leicht eingegrenzt werden: aus einem anderen Radio wird ein NF-Signal in den TA-Eingang eingespeist. Da das ErKondensatoren im Dacapogebnis miserabel klingt, muss der NF-Verstärker defekt sein. Hier hilft zunächst ein detailierter Blick unter das Chasis: der Elko im Kathodenzweig der EL41 ist auf jeden Fall unbrauchbar. Der Anschlussdraht ist durch aus- gelaufene Elektrolytfüssigkeit oxidiert, der Elko somit trocken und nicht mehr im Besitz der Nennkapazität. Alle anderen mit Teer verschlossenen Kondensatoren sind schwer verdächtig, deshalb werden sie allesamt ausgewechselt.

Leider ist der Klang  nach dem Austausch der Teerkondensatoren immer noch verzerrt. Kein großes Problem, über google finde ich den Besitzer eines Dacapo mit Schaltplan. Im Plan ist die Katodenspannung der EL41 mit 6,5V angegeben, mein Gerät weist hier ca. 10V auf. Ein sicheres Zeichen, dass der Koppelkondensator zwischen der EABC80 Dacapo mit neuen Kondensatorenund der EL41 nicht mehr korrekt isoliert. Er wird also auch ausgewechselt, obwohl er völlig unverdächtig aussieht.

Na also, geht doch! Das Radio spielt prima auf allen Wellenbereichen. Der Austausch des Koppel- kondensators hätte sicher genügt; über kurz oder lang hätten die anderen jedoch auch Ärger gemacht.


Ein Problem ist das magische Auge EM11: es ist nur im Dunkeln mit Lupe zu erkennen. Es macht für mich keinen Sinn, eine andere EM11 zu erwerben, da diese genauso alt wäre und es natürlich keine Garantie auf die Funktion gäbe. Da ich jedoch bereits in 2 anderen Radios die magische Augen durch den russischen Ersatztyp 6E5C ersetzt habe, werde ich diese Option weiter überlegen. Eine andere Möglichkeit ist die Erhöhung der Anodenspannung mittels Spannungsverdoppler. Auf der Seite jogis-Röhrenbude wird das sehr detailiert beschrieben und es wäre einen Versuch wert. Wenn ich wieder einen Abend Zeit habe ....

10.04.2005 Gehäuse
Die Lackierung des Holzgehäuses ist nicht nur sehr rissig, an vielen Stellen ist sie ganz abgeplatzt und das rötlich helle Funier ist sichtbar.
Original-Lackierung
Nachdem ich im radiomuseum.org einen interessanten Beitrag über die Neulackierung eines Gehäuses las, beschloss ich, dieses hier anzuwenden. Zunächst muss der alte Lack vollständig abgelöst werden. Dies erfolgt mit einem Gemisch aus Nitro-Verdünnung und Spiritus. Mit einem Pinsel auf die Oberfläche auftragen, ein Tuch drüberlegen und mit Plastikfolie abdecken. Nach ca. 30 Min. Einwirkzeit kann der alte Lack abgewischt werden. An hartnäckigen Stellen wird das Verfahren wiederholt.
Nach der Lackentfernung

Danach sieht das Gehäuse gleichmäßig hell aus. Allerdings habe ich nun ein Problem: das Lackieren mit Klarlack ergibt keineswegs die dunkle Originalfarbe. Es muss aber dunkel werden, damit die Bakelit-Blende dazu passt. Also werde ich im Forum des rm nachfragen, wie es weitergeht.

21.10.2005 Neulackierung
Die Nachfrage im rm-Forum führte zu sehr ausführlichen Antworten:
http://www.radiomuseum.org/forum/frage_zur_neulackierung_eines_radiogehaeuses.html#post48793
Es gibt spezielle Farben (Patina), die praktisch als Grundfarbe aufgesprüht werden, bevor der Klarlack aufgetragen wird. Für den Klarlack ist wichtig, dass er auf Nitro-Basis ist, damit das Holzfurnier gut zur Geltung kommt. Es sollte kein Acryllack verwendet werden. Aus den Antworten ging jedoch auch hervor, dass es sehr schwierig ist diese Arbeiten ohne entsprechende Lackierausrüstung durchzuführen. Hier kam ich lange Zeit nicht weiter, bis ich auf einem Flohmarkt ein Telefunken Concertina 53 in rötlich hellem Holz erstand. Das Holz muss gar nicht dunkel werden!

Der Lack (Stichwort bei google "Lignal-Hesse") wurde auf der Terrasse in mehreren Schichten aufgesprüht. Das ist unproblematisch, bei dünnem Auftrag auf die waagerechte Fläche bilden sich keine Nasen. Der Lack trocknet schnell, so dass das Gehäuse nach wenigen Minuten gedreht und die nächste Seite lackiert werden kann. Das Ergebnis ist begeisternd, sieht aus wie ein edles Möbelstück.
Der Abend ist dann für die Feinarbeit: Bemalen der Zierstreifen mit Goldfarbe (Streifen sind aus Plastik, Polieren zwecklos), Einkleben der Zierstreifen, Nachziehen der goldfarbenen Linien im Rahmen, Anmalen des Ringes um das magische Auge.



23.10.2005 Fertigstellung
Das magische Auge habe ich getauscht gegen eins aus einer Röhrenkiste, erwartungsgemäß leuchtet das aber auch nur schwach. Sehr hübsch sieht die indirekt beleuchtete Skala aus, auf der nur die Schrift grün leuchtet. Das Radio gehört zu den schönsten meiner Sammlung.